Anhand des Covers und des Klappentextes hat mich „You Die Next-Du kannst dich nicht verstecken“ in seinen Bann gezogen. Das nächtliche Betreten eines Lost Places ist illegal und doch so faszinierend. Die Plot-Idee, an solch einem Ort einen Kill Room zu errichten klang vielversprechend und neu.
Klappentext
*Dies ist der Klappentext des Printexemplars, welchen ich in der Buchhandlung gelesen habe. Die im Internet kursierende Inhaltsangabe ist etwas ausführlicher.
Wer will als nächstes sterben?
Eine Gruppe von ›Urban Explorers‹ dringt in ein verlassenes Londoner Filmstudio ein-und stößt auf einen Kill Room. Einen mit Plastikfolie ausgekleideten Raum voller Blutspritzer, in dem eine Leiche liegt. Sie fliehen voller Panik. Wenig später erscheint eine Message auf ihrem Video Channel. „Wer will als nächster sterben?“. Als bald darauf ein Mitglied der Gruppe tot aufgefunden wird, ist schnell klar: Die Polizei braucht Unterstützung. Ein Fall für Clementine Starke, die Expertin für Internet-Forschung.
Über die Autorin
Stephanie Marland wurde im englischen Birmingham geboren. Sie hat zehn Jahre an der Universität gearbeitet und unter anderem darüber geforscht, wie Menschen in einer virtuellen Umgebung online interagieren. Sie hat einen MA in Creative Writing an der City University London gemacht und ist außerdem eine bekannte Krimibloggerin.
Meine Meinung
Intro
Während eines Besuchs in einer Buchhandlung, bei dem ich ausgiebig stundenlang stöbern konnte, fiel mir „You Die Next-Du kannst dich nicht verstecken“ von Stephanie Marland in die Hände. Das Cover und der Klappentext sprachen mich sofort mächtig an und ich bin noch vor Ort in die ersten Seiten eingetaucht. Der Einstieg war dann auch richtig fesselnd und so kam es dazu, dass dieses Buch gar nicht erst auf dem SuB landete, sondern gleich mit in den Urlaub durfte. Im Nachhinein muss ich aber gestehen, dass die Euphorie nicht lange angehalten hat, weil sich hier und da doch Schwächen zeigten.
Zur Handlung
Vier sogenannte „Urban Explorers“ dringen eines Nachts in ein seit vielen Jahren verlassenes Filmstudio ein und filmen das Abenteuer live über ihren Video Chanel. Es ist dunkel. Die Umgebung wird nur schemenhaft durch die Stirnlampen der Eindringlinge beleuchtet. Überall liegt Staub und Schutt. Doch je weiter die Vier in das Studio vordringen, desto mehr verändert sich die Umgebung. Plötzlich finden sie sich in einem Kill Room wieder. Voller Panik fliehen sie, ohne zu wissen, dass sie ab sofort keine Chance mehr auf ein Überleben haben.
Als der erste Mord geschieht, wird Ermittler Dominic Bell auf diesen Fall angesetzt. Er ahnt nicht, dass die Psychologin Clementine Starke, mit welcher er eine schwierige Verbindung hegt, im Rahmen ihres derzeitigen Forschungsthemas zufällig auf die „Urban Explorers“ und ihre Aktivitäten aufmerksam wird.
Parallel muss er sich mit den Ermittlungen gegen sein Team auseinandersetzen. Denn bei der letzten Operation ist etwas ganz gehörig schiefgegangen. Wie konnte das passieren?
Und auch Clementine hat alte Baustellen, die sie nicht in Ruhe lassen.
Achtung:
„You Die Next – Du kannst dich nicht verstecken“ ist Band Zwei einer Reihe. Leider ist dies aus dem Klappentext nicht ersichtlich, weshalb ich selbst von einem Einzelband ausgegangen bin. Erst beim Lesefortschritt bin über Rückblenden gestolpert, die Hinweise auf einen Vorgänger gegeben haben.
Auch wenn die Handlung in sich abgeschlossen ist und meines Erachtens die hier eingeflossenen Informationen zu Band Eins „ Wir sehen dich“ ausreichend waren, um sich grob informiert zu fühlen, so würde ich doch zum Lesen in der richtigen Reihenfolge raten, denn die Nebenhandlungen sind „Band-Übergreifend“ geschrieben.
Die Figuren
Der Detective Dominic Bell ist ein ehrlicher und geradliniger Typ. Für ihn gab es bis dato nur „schwarz oder weiß“, „ja oder nein“, „richtig oder falsch“. Doch durch die komplexe Beziehung zu Clementine wird vieles in seinem Leben in Frage gestellt.
Die Psychologin Clementine Starke ist Spezialistin für Internetforschung und befasst sich derzeit mit dem Thema „Obsession“. Nebenbei nutzt sie ihre Kontakte zum Online Forum „True Crime“, um den Mord an ihrem Vater aufzuklären. Ihre Vergangenheit hat sie sehr geprägt und in ihr schlummert etwas, dass sich im Verlauf der Handlung ab und an mal ans Licht wagt, ohne das es zum jetzigen Zeitpunkt der Reihe genauer zu fassen wäre.
Trotz ihrer gut ausgearbeiteten Rollen wirkten beide etwas blass auf mich, irgendwie emotionsarm und nicht so präsent. Beide haben ihr Päckchen zu tragen und doch waren ihre Erfahrungen, innerlichen Zwiegespräche und Gedanken auf dem Papier fast wie Fakten aneinandergereiht, sie berührten nicht mein Herz. Ich spürte zu wenig, was sie dabei genau fühlten, was das alles bei ihnen auslöste. Gerade bei Clementine und ihrer Vergangenheit hätte ich mir deutlich mehr emotionale Tiefe gewünscht.
Die Nebencharaktere sind lebendig gezeichnet und agieren authentisch. Hier waren die Gefühlsebenen gut ausgearbeitet, sodass ich ihren Emotionen gut folgen konnte. Die Explorerin „Sass“ ist mir beispielweise deutlicher in Erinnerung geblieben als Clementine.
Der Schreibstil
Stephanie Marland hat einen wirklich schönen, leicht zu lesenden Schreibstil. Trotz häufiger Szenenwechsel konnte ich dem Storyverlauf sehr gut folgen, ohne den roten Faden zu verlieren.
Der Auftakt ist düster und schaurig, ja, fast schon horrorfilmmäßig gruselig, und begeisterte mich fast augenblicklich. Leider konnte dieser Level nicht gehalten werden. Meines Erachtens verliert sich die Autorin zu sehr in den Nebenhandlungen und der Beziehung zwischen den Protagonisten, weshalb der Spannungsbogen zwischenzeitlich abflachte. Zum Finale hin gelang es der Autorin zwar, die Spannungsschraube nochmal etwas anzuziehen, dies konnte die dazwischen liegende, abgeflachte Phase aber nicht vollends aufwiegen.
Die drei Handlungsstränge von Clementine, Bells und den Urban Explorers verlaufen den Großteil der Story nebeneinander her und führen erst im Finale zusammen. Dies ist grundsätzlich auch eine gute Strategie, nur empfinde ich sie hier in diesem Fall nicht ganz so gut umgesetzt. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass die beiden Handlungsstränge um Bell und Clementine wenig gemein haben. Einzig ihr privates Dilemma verwebt sie in regelmäßigen Abständen. Anders als im Klappentext angedeutet, kocht im aktuell zu ermittelnden Fall aber eigentlich jeder sein eigenes Süppchen und es entstehen bis zum Finale kaum Berührungspunkte.
Ich hätte mir eher eine spannende Zusammenarbeit zwischen der Polizei und der Expertin für Internetforschung gewünscht. Wie zum Beispiel spannende Ermittlungen im virtuellen Netz, einschließlich der Fähigkeiten der Online Plattform „True Crime“, verbunden mit einer rasanten Jagd auf der Straße, um einen Mörder dingfest zu machen, der die Gruppen-Mitglieder psychisch mit Textnachrichten über den Internet-Kanal malträtiert und den Ermittlern immer einen Schritt voraus ist. Eben Aktion und Pulsbeschleunigung wie beim Rafting auf einem reißenden Fluss, doch es plätscherte zwischenzeitlich eher wie das Wasser eines Bächleins dahin.
Die Thematik um die „Urban Explorers“ und Lost Places ist absolut spannend und reizvoll. Längst verlassene Orte haben eine mystische Ausstrahlung und es ist faszinierend, am zunehmenden Verfall zu sehen, wie sich die Natur ihren Raum zurückerobert. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass das Eindringen in solch verbotene und verlassene Ort berauschend ist und für einen ordentlichen Adrenalin-Kick sorgt.
Fazit
„You Die Next – Du kannst dich nicht verstecken“ ist ein Thriller mit einem wirklich spannenden Thema und durchaus interessanten Protagonisten, dessen großes Potenzial leider nicht so recht ausgeschöpft wurde.
Der Fokus hätte mehr auf dem eigentlichen Hauptstrom als auf den Nebenarmen des Flusses liegen müssen, um den anfänglich so guten Spannungspegel halten zu können. Bei den Protagonisten hätte ich mir etwas mehr Gefühl gewünscht, damit sie auch so lebendig und farbig sind und mit der nötigen Präsenz durch die Handlung tragen, wie es ihre Bestimmung ist.
Das Finale ist stimmig und rund, wenn auch kein Pageturner. Hier ist das Zusammenwirken von Bell und Clementine spannend, was mich in meiner Meinung bestärkt, das die Beiden viel eher hätten zusammengeführt werden sollen.
Nach Beendigung des Buches habe ich ein paar Tage in mich hineingehört, wie ich nun mit Band Eins verfahre. Ob ich für das bessere Verständnis jetzt im Nachhinein „Wir sehen dich“ doch noch lesen sollte. Letztlich bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass mich die Story nicht ausreichend hat überzeugen können, um auch seinen Vorgänger lesen zu wollen.
Erklärungen zu den Bewertungen findet Ihr hier.
- Autor: Stephanie Marland
- Titel: You Die Next – Du kannst dich nicht verstecken
- Datum der Veröffentlichung: 19.06.2020
- Genre: Thriller
- Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
- ISBN des Prints: 978-3423219136
- Seitenzahl des Prints: 416
- Dateigröße des eBooks: 2205 KB
- Gelesenes Format: Print
- Leseexemplar: nein
- Autoren-Website
- Verlags-Website
Schreibe einen Kommentar