Die Vortex-Reihe von Anna Benning hat mich schon seit einigen Monaten angeschmunzelt. Deshalb war es unvermeidbar, dass der erste Band schlussendlich als Mitbringsel aus dem Ostsee-Urlaub auf meinem aktuellen SuB landete. Dort blieb er allerdings nicht sehr lange…
Klappentext
Der Tag, an dem der erste Vortex über unsere Welt zog, veränderte alles. Er veränderte unsere Länder. Unsere Meere. Und er veränderte uns. Seine Energien weckten Kräfte, die es nicht geben sollte. Kräfte des Feuers, der Erde, der Luft und des Wassers. Unsere Welt ist heute eine andere. Doch die Vortexe sind geblieben. Ich lernte, in ihren Wirbeln zu laufen. Ich lernte, ihre Kräfte zu meinen Kräften zu machen. Doch ich wusste nicht, welche Macht ich dadurch entfachen würde. Bis ich ihn traf. Und meine Welt endgültig aus den Fugen geriet …
Über die Autorin
Anna Benning wurde im März 1988 als jüngstes von drei Kindern in Schweinfurth geboren. Nach ihrem Abitur studierte sie Germanistik, Buchwissenschaften und Komparatistik in Mainz und zog anschließend für ihren Master nach Bamberg. Nach Stationen als Buchrezensentin und Aushilfsbuchhändlerin arbeitet sie seit 2013 in einem Verlag und lebt heute in Würzburg.
Die Leidenschaft für Geschichten bestimmt seit vielen Jahren Annas Weg. Sie hat schon immer viel gelesen und wollte spätestens ab dem Moment Bücher schreiben, ab dem sie wusste, was eine Autorin ist. Doch fehlte ihr lange der Mut, diesen Weg ernsthaft zu verfolgen, weshalb „Vortex“ in einer Schublade ausharrte. Nachdem die Autorin über viele Jahre immer wieder an dem Manuskript gearbeitet hat und zunehmend spürte, dass ihre Idee sie nicht loslassen würde, beschloss sie 2018, den Schritt zu wagen und ihr Debüt zu veröffentlichen.
„Der Tag, an dem die Welt zerriss“ ist Band 1 der Vortex-Trilogie.
Meine Meinung
Intro
Dystopische Jugendbücher sind genau mein Fall, weshalb „Vortex-Der Tag, an dem die Welt zerriss“ schon seit längerem sehr interessant für mich war. Und so ganz nebenbei ist das Cover ja wohl mal ein echter Hingucker! Aber auch der Klappentext entfachte in mir eine ordentliche Neugier auf die Reihe. Nachdem ich eines der hübschen Exemplare im Urlaub erstanden habe, lag es ein paar Tage ganz oben auf meinem SuB, und immer, wirklich immer, schien mich das Cover-Gesicht der Protagonistin Elaine beim Vorbeigehen anzuzwinkern und zu sagen: „Lies meine Geschichte. Na los, nun mach schon. Nimm das Buch einfach in die Hand, klapp den Einband auf und beginne, die ersten Sätze zu lesen. Es ist ganz einfach. Nichts hindert dich daran.“ Tja, und dann war der Moment ganz unverhofft da. Ich griff nach dem Buch und sah mich in den nächsten drei Tagen ständig darin lesen…
Zur Handlung
Wir schreiben das Jahr 2093 und unsere Welt, so, wie wir sie kennen, existiert längst nicht mehr. Ursache dafür ist ein riesiger Urvortex. Durch die Entstehung dieses riesigen Energiewirbels wurde der Großteil der Erde vernichtet. Dabei entstanden viele kleinere Vortexe, die über den gesamten Planeten verteilt sind und vom Urvortex gespeist werden. Die Überlebenden haben sie erforscht und gelernt, sich ihrer zu bedienen. Mit Hilfe von intensivem Training sind manche Menschen dazu in der Lage, durch sie hindurch zu reisen, die Vortexe also wie Portale zu nutzen. Doch ist das ein äußerst schwieriges Unterfangen, denn sie sind sehr unberechenbar. Kleinste falsche Bewegungen innerhalb dieser mächtigen Energien können den Tod bedeuten. Aus diesem Grund finden vierteljährlich Wettkämpfe statt, in denen sich die jahrelang ausgebildeten Anwärter beweisen müssen. Nur die zehn besten schaffen es in die Riege der Läufer, deren Aufgabe es ist, die sogenannten „Vermengten“ zu jagen und einzufangen. Denn der Urvortex hat mit seiner alles verwüstenden Kraft auch die Genetik vieler Lebewesen verändert, sprich, sie mit je einem der vier Elemente vermengt. Diese Mischwesen, auch „Splits“ genannt, gelten als gefährlich. Sie siedeln in Randzonen, abgeschottet und bewacht von dem Rest der Menschheit, welche in Megacitys leben.
Elianes größter Traum ist es, einer dieser Läufer zu werden. So lange hat sie auf diesen Tag hingearbeitet! Doch bei dem alles entscheidenden letzten Wettkampf, dem „Vortex-Rennen“, geschieht etwas Unglaubliches. Ab diesem Moment ist nichts mehr wie es war und er stellt alles Erlernte infrage. Bald weiß Elaine nicht mehr, was falsch oder richtig und wer Freund oder Feind ist.
Die Figuren
Die Charaktere sind sehr schön lebendig gezeichnet und agieren altersentsprechend jugendlich, weshalb sie primär junge LeserInnen ansprechen werden, doch sie unterhalten ganz sicher auch alle anderen Altersklassen. Aus emotionaler Sicht hätten sie teilweise ruhig noch ein wenig detaillierter und tiefer beschrieben werden können, um noch besser mit ihnen fühlen zu können.
Die Protagonistin Elaine ist eine ehrgeizige junge Frau, die in der Megacity „Neu London“ lebt. Sie trägt eine besondere Fähigkeit in sich, von der sie nichts ahnt und die dafür sorgen wird, dass sie auf dem Weg zur Wahrheit alles verliert. Sie ist eine Kämpferin, die nicht so schnell aufgibt. Allerdings setzt sie manchmal, trotz der bereits vorab zu erahnenden Bedrohung, ihren Willen mit einem gewissen Übermaß an Sturheit oder auch jugendlichem Leichtsinn durch und bringt damit alle in Gefahr.
Neben Elaine gibt es noch weitere, für die Handlung primär wichtige Figuren, die hier in dieser Rubrik sonst eigentlich eine Beschreibung bekommen würden, doch möchte ich in diesem Fall davon abweichen und sie unerwähnt lassen, um nicht vorzugreifen.
Nur so viel:
Jede gute Geschichte lebt von Widersachern und manipulativen Charakteren. Auch in dieser Handlung finden sich so einige Gestalten, denen man sehr gern einmal ordentlich die Haare langziehen möchte. Aber es gibt auch wahre Freunde, die Elaine stets zur Seite stehen, neue Bekanntschaften, für die es sich zu kämpfen lohnt und eine unerwartete Liebe zu einem heldenhaften jungen Mann.
Der Schreibstil
Anna Benning hat einen sehr schön flüssigen und leicht zu lesenden Schreibstil. Die Story ist im dystopischen Genre für junge Erwachsene eingeordnet und der Autorin gelingt es sehr schön, die Sprache altersgemäß zu halten.
Anfänglich fühlt man sich, sowohl vom Setting als auch von der Handlung her, an „Die Bestimmung“ erinnert. An die dortigen abgeschotteten Städte mit ihren jeweiligen Zonen, während der Rest der Welt völlig zerstört und unbewohnbar ist, und an die junge Protagonisten mit ebenfalls speziellen Fähigkeiten. Doch wenn man tiefer in Anna Bennings Welt eintaucht, erkennt man deutliche Unterschiede, die nicht weniger Faszination ausüben. Die Autorin beschreibt hier eine Welt, die voller zauberhafter Wesen ist und die Zeichnung der „Vermengten“ ist überaus fantasievoll und bildhaft. Die vier Elemente haben Mensch und Tier zu ganz besonderen Lebewesen werden lassen, mit Fell, welches mit Laub und Ästen vermischt ist oder siedend heißer Haut, aber auch zerstörerischen Kräften, welche Feuer, Wirbelstürme oder Überflutungen heraufbeschwören können.
Spannungstechnisch ist der Einstieg rasant und fesselnd, sodass man das Buch kaum aus der Hand legen kann, in etwa in der Mitte der Handlung erfährt sie allerdings eine kleine Stagnation. Hier hat die Story zwar einen fließenden und unterhaltsamen, allerding etwas zu sanften Flow, der einen Hauch Dramatik vermissen lässt. Danach zieht die Spannung aber wieder gut an und unterhält den/die LeserIn dann bis zur letzten Seite auf actionreiche und wirklich spannende Weise.
Gekonnt bringt Anna Benning wichtige Themen wie den Klimawandel, Mobbing und Ausgrenzung zur Sprache und unterstützt somit den aktuell noch in den Anfängen stehenden Entwicklungsprozess der Gesellschaft, sich vermehrt mit diesen Problemen zu befassen, die nötigen Aufgaben anzupacken und langfristige Veränderungen zu bewirken.
Die Story ist in sich abgeschlossen und kommt ohne Cliffhanger aus, sodass der erste Band der Reihe auch eigenständig lesbar wäre.
Fazit
„Vortex-Der Tag an dem die Welt zerriss“ ist ein toller Reihenauftakt, in der eine futuristische Welt voller neuartiger Hightech auf Figuren trifft, die einer Fabel entsprungen sein könnten.
Trotz kleiner Abstriche bezüglich der emotionalen Tiefe der Figuren und des kurzfristig ausgebremsten Nervenkitzels im Mittelteil hat mir das Debüt der Autorin richtig gut gefallen.
Für den Folgeband erhoffe ich mir in diesen beiden Bereichen das Quäntchen mehr, welches nötig wäre, um mir beim Lesen den Atem zu rauben und den Puls in einen Galopp zu versetzen. Vielleicht gelingt dies ja. Ich würde es mir sehr wünschen, denn die Grundidee und der Weltenaufbau haben das Potenzial, ganz groß zu werden…
Erklärungen zu den Bewertungen findet Ihr hier.
- Autor: Anna Benning
- Titel: Titel: Vortex 1 – Der Tag, an dem die Welt zerriss
- Datum der Veröffentlichung: 04.03.2020
- Genre: Dystopie/Science Fiction
- Verlag: Fischer KJB
- ISBN des Prints: 978-3737341868
- Seitenzahl des Prints: 496
- Dateigröße des eBooks: 1505 KB
- Gelesenes Format: Print
- Leseexemplar: nein
- Autorenwebsite
- Verlagswebsite
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