Nachdem ich erst vor kurzem „Weil du mich atmen lässt“ von Maria Väth beendet habe und davon so sehr angetan war, wollte ich unbedingt ein weiteres Buch der Autorin lesen. „Loslassen“ stand auf meiner SuB-Liste schon eine gewisse Zeit weit oben, hat es bis dato aber nicht aus der Warteschleife herausgeschafft. Doch nun gab es kein Aufschieben mehr! Ich wollte mehr Geschichten dieser äußerst talentierten Schriftstellerin kennenlernen.
Klappentext
Eigentlich wollte sich Charlotte in Ruhe und allein in einer anderen Stadt über die Dinge in ihrem Leben klar werden. Doch womit sie nicht gerechnet hat, ist ihr mysteriöser und gefährlich wirkender Nachbar Hendrik. Es sind seine Augen, die niemals lächeln, die sie jedoch so intensiv betrachten, als würden sie ihr all das erzählen wollen, was er im Verborgenen hält.
Für Hendrik ist Charlotte ein Rätsel. Sie ist anders. Sie weicht ab von den üblichen Parametern, vielleicht erschafft sie sogar ihre eigenen. Ihre Gegenwart ist risikoreich, denn sie hat etwas an sich, das ihn anspricht. Und das darf nicht sein. Er weiß nicht genau, was es ist, denn es ist ihm neu und er spürt es bis tief in den Bauch hinein. Aber er ahnt, dass es ihn verändern könnte, wenn er nicht aufpasst.
Beide können sie sich dem Sog, den sie gegenseitig spüren, nicht entziehen. Doch beide haben ein Geheimnis, welches das fragile Band zwischen ihnen zerstören könnte.
Über die Autorin
Maria Väth wurde 1985 geboren und kommt ursprünglich aus der schönen Altmark in Sachsen-Anhalt. Nach dem Abschluss zur Agrartechnikerin für Landbau verschlug es sie berufsbedingt nach Mecklenburg-Vorpommern, wo sie als Ausbilderin in der Landwirtschaft tätig war und ihren jetzigen Ehemann kennenlernte. Seit 2012 lebt und arbeitet sie mit ihrem Mann in Schweden, wo auch 2015 ihre gemeinsame Tochter zur Welt kam. Neben ihrer Schreibtätigkeit arbeitet sie dort Teilzeit in einem Baumarkt und liebt diese Kombination.
Neben ihrer Leidenschaft für Pferde spielten Bücher schon immer eine große Rolle im Leben der Autorin. Bereits in ihrer Kindheit begann Maria den zahlreichen Ideen in ihrem Kopf einen Rahmen zu geben, wobei sie es nicht schaffte, sie alle bis zum Ende aufzuschreiben. Im Zuge des Erwachsenwerdens folgten Jahre, in denen sie dem Schreiben keine große Beachtung schenkte. Erst 2016 packte sie wieder das Schreibfieber und ihr Debütroman „Erstens bist du anders und zweitens bist du du“ erblickte das Licht der Welt.
Seitdem ist ihre Fantasie nicht mehr aufzuhalten. Regelmäßig überzeugt Maria Väth mit spannenden und humorvollen Liebesgeschichten, die den Leser mitten ins Herz treffen.
„Loslassen“ ist das 4. Buch der Autorin.
Meine Meinung
Intro
„Loslassen“ schlummerte bereits seit ein paar Monaten auf meinem Reader und wartete geduldig auf den richtigen Zeitpunkt, an dem es von mir beachtet werden würde. Nachdem mich „Weil du mich atmen lässt“ so beeindruckt hat, war dieser Moment nun endlich gekommen und die Geschichte von Charlotte und Hendrik wurde aus dem Dornröschenschlaf geweckt.
Zugegeben, das Buch war ziemlich schlau und nutzte diese Gelegenheit weidlich aus, mir zu zeigen, was ich in all der langen Zeit so missachtet hatte. „Loslassen“ flutete mein Herz, um es von innen heraus zu sprengen. All die vielen Risse konnten nur mit süßem, so schön durchsichtigem Wackelpudding geflickt werden. Dem Roten wohlbemerkt, denn nur den mag ich. Ja genau! Und mit ganz viel Vanillesauce! Was aus Charlottes Knochen eine weiche, wabbelige Masse machte, war genau das richtige für mein gebeuteltes Herz. So lassen sich trefflich geschundene Leserherzen beim Schmökern trösten und ich glaube, ich brauche gleich noch eine Ladung, sicher ist sicher!
Zur Handlung
Charlotte hat ihr momentanes Dasein satt und benötigt dringend einen Tapetenwechsel. Etwas Abstand zu ihrer Vergangenheit würde ihr guttun. Deshalb zieht sie nach Berlin in eine kleine Altbauwohnung und nimmt als Tierärztin eine Stelle in einer kleinen Praxis an.
Neben ihr wohnt allerdings ein sonderbarer Typ, der ihr Kopfzerbrechen bereitet. Er lächelt nie, blickt immer ernst und äußerst abweisend. Wenn Blicke töten könnten, wäre sie schon mehrfach einen qualvollen Tod gestorben. Ja, und von Kommunikation in einfachster Form hält er auch nicht viel. Warum also geistert er so oft in ihrem Kopf herum?
Hendrik ist von Charlottes ungewöhnlichem Wesen fasziniert. Sie berührt ihn auf eigenartige Weise. Doch je öfter er ihr begegnet und sich dazu genötigt sieht, sich mit ihr zu befassen, spürt er auch die Gefahr, dass sie seinem Plan in die Quere kommen könnte. Und das darf auf keinen Fall geschehen! Der Tod hat noch eine Rechnung mit ihm offen und die muss beglichen werden, komme was da wolle!
Die Figuren
Maria Väth hat für diese einzigartige Geschichte Figuren geschaffen, die treffender und vollumfänglicher nicht sein könnten. Und vor allem hat sie zwei Wesen zusammengeführt, welche sich nicht besser ergänzen könnten. Ihre Charakterzüge passen wie kleine Puzzleteile zusammen. Sie lächelt, er blickt finster drein. Wo sie gesprächig ist, schweigt er. Charlotte geht auf ihn zu, Hendrik rennt weg. Sie beobachtet ihn, er ignoriert sie. Und genau diese Widersprüchlichkeiten lassen sie ihre Wege immer wieder aneinander entlang streifen. Seine abweisende Wesensart zieht sie nämlich magisch an und ihr offensichtlich sehr an ihm interessiertes Verhalten lässt ihn sich zum ersten Mal in seinem Leben wirklich wahrgenommen fühlen.
Charlotte ist eine selbstbewusste Frau, die weiß was sie will. Sie hat die Angewohnheit, alles zu hinterfragen, ist sehr offen und direkt, ja, manchmal wirkt sie schon fast frech und niemand mag vermuten, dass tief in ihrem Inneren ein dunkles Loch lauert, welches darauf wartet, ihre Selbstbeherrschung zum Kippen zu bringen und sie zu verschlingen.
Hendriks Wesen hat mich von Beginn an in Beschlag genommen. Man spürt sofort, dass hinter dieser stahlharten Mauer mit Stacheldrahtumrandung eine äußerst traumatische Geschichte stecken muss. Er ist seelisch am Boden, tiefer geht es nicht, und nur noch ein Schatten seiner selbst seit so unendlich langer Zeit. Und doch begegnet Hendrik jedem Tag mit erhobenem Haupt und beweist eine unglaubliche Stärke und einen unbändigen zielgerichteten Willen.
Sämtlichen Nebenfiguren hat die Autorin ebenfalls die nötige Aufmerksamkeit gewidmet, um sie lebendig und authentisch wirken zu lassen und das Gesamtwerk punktgenau in Szene zu setzen.
Der Schreibstil
Maria Väth hat einen wunderschönen Schreibstil. Er ist leicht zu lesen und ganz fließend, trotz der Darstellung zweier Perspektiven und regelmäßigen Blicken in die Vergangenheit.
Das Setting ist von Anbeginn bildgewaltig und brutal realistisch. Bereits der Prolog packt den Leser am Schlafittchen. Entkommen? Unmöglich! Nach nur wenigen Sätzen ist es um das Seelenheil des Lesers geschehen.
Die Handlung ist nicht nur intelligent und sehr tiefgründig geschrieben, sie ist auch auf eine schöne Art sexy, ohne billig oder obszön zu wirken und die perfekt arrangierten Charaktere füllen diese Welt absolut authentisch und ehrlich aus.
Auch dieser Geschichte liegt eine ernste und lebenseinschneidende Thematik zugrunde und diese könnte schwieriger kaum sein. Sie ist dunkel und traumatisierend. Nichts, das einen jemals wieder loslässt, und ja, sie ist zugegebenermaßen auch schwerer verdaulich als in „Weil du mich atmen lässt“. Aber Maria Väth hat auch hier darauf geachtet, einen gewissen humoristischen Charme einfließen zu lassen, der mit Hilfe von Charlottes Art regelmäßig einen Sonnenstrahl vorbeischickt und Hendrik und somit auch dem Leser immer wieder ein Schmunzeln entlockt.
Loslassen können ist eine der schwersten Aufgaben im Leben, denen man sich stellen muss. Manchmal sind es Erlebnisse, Dinge oder Personen, die man hinter sich lassen muss, um damit abschließen und Ruhe finden zu können. Oft sind es auch einfach Menschen, die man freigeben muss, damit sie sich entfalten und selbst finden können oder jene, die man besser aus seinem Leben verbannen sollte, weil sie einem nicht guttun. Loslassen kann sehr erlösend und heilsam sein. Aber es erfordert eben auch, dass man die Zügel der Kontrolle abgibt und diesen Machtverlust anzunehmen, kostet mitunter ein hohes Maß an Kraft, manchmal mehr als man zu besitzen glaubt.
Fazit
Mit „Loslassen“ hat mir Maria Väth bewiesen, was ich bereits ahnte. Sie hat mich dauerhaft an sich gebunden und ist nicht bereit mich wieder gehenzulassen.
Tief bewegend hat die Autorin hier eine lehrreiche und äußerst sensible Geschichte zu Papier gebracht, die den Leser aufwühlt und in wirklich dunkle Abgründe blicken lässt. Sie hat sehr gekonnt das gesamte Potenzial der Handlung ausgeschöpft und Charaktere erschaffen, die echter kaum wirken können.
Aufregend, Herzklopfen verursachend, sexy, aber auch zutiefst bewegend, traurig, düster und in jeden Fall hochemotional zeigt die Geschichte von Charlotte und Hendrik, zu was Liebe fähig sein kann, wenn sie stark und unumstößlich ist.
Selbst jetzt beim Schreiben der Rezension spüre ich, dass dieses Buch mich nicht so schnell „Loslassen“ will. Da wird nur die Zeit helfen können. Und eine weitere große Portion süßes Glück! Roten Wackelpudding mit ganz viel Vanillesauce!
Erklärungen zu den Bewertungen findet Ihr hier.
- Autor: Maria Väth
- Titel: Loslassen
- Datum der Veröffentlichung: 01.01.2019
- Genre: Lovestory
- Verlag: Sieben Verlag
- ISBN des Prints: 978-3864438394
- Seitenzahl des Prints: 312
- Dateigröße des eBooks: 820 KB
- Gelesenes Format: mobi-Datei
- Leseexemplar: nein
- Autorenwebsite
- Verlagswebsite
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