Mit „Fritz und Emma“ habe ich Anfang des Jahres zum ersten Mal ein Buch von Barbara Leciejewski gelesen. Krankheitsbedingt war das Schreiben der Rezension erst jetzt möglich, aber viel wichtiger ist ja die Frage: Konnte die Autorin einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen?
Klappentext
Eine große Liebe, die siebzig Jahre überdauert
1947: Emma ist überglücklich, dass ihr geliebter Fritz doch noch aus dem Krieg in ihr Heimatdorf zurückgekehrt ist. Schon lange sind sie ein Paar, nun fiebert Emma der Heirat entgegen. Doch der Krieg hat einen Schatten auf Fritz‘ Seele gelegt, gegen den nicht einmal Emma mit all ihrer Liebe ankommt. Und dann, in der Nacht, die eigentlich die glücklichste ihres Lebens sein sollte, geschieht etwas Schreckliches, das alles verändert.
2018: Marie ist mit ihrem Mann neu nach Oberkirchbach gezogen und lernt nach und nach die Einwohner des Dörfchens kennen. Auch den 92-jährigen griesgrämigen Fritz Draudt und die ebenso alte Emma Jung, die am entgegengesetzten Ende des Dorfes lebt. Marie erfährt, dass die beiden seit fast siebzig Jahren nicht miteinander gesprochen haben. Dabei wollten sie einst heiraten. Marie nimmt sich vor, Fritz und Emma wieder miteinander zu versöhnen, bevor es zu spät ist …
Über die Autorin
Barbara Leciejewski wurde in Mühlbach, einem kleinen Ort in Rheinland-Pfalz, geboren und zog nach dem Abitur nach München, um dort das Studium der Literaturwissenschaft, Linguistik und Theaterwissenschaft zu absolvieren. Nach verschiedenen Jobs am Theater, wie beispielsweise Regieassistenzen oder Statisterie, und einer Magisterarbeit über Kriminalromane arbeitete sie als Synchroncutterin.
Schon als Kind wollte Barbara Leciejewski Schriftstellerin werden. Bereits im Alter von fünf Jahren erzählte sie dem kleinen Bruder ihrer damals besten Freundin die erste Geschichte und schrieb ihren ersten Roman mit zwölf Jahren. Die Liebe zum Schreiben hat sie nie losgelassen. Heute ist sie Bestsellerautorin, hat mittlerweile neun Romane veröffentlicht und ist glücklich in ihrem Traumberuf.
„Fritz und Emma“ ist das achte Buch der Autorin und gleichzeitig der zweite Roman aus dem Ullstein-Verlag.
Meine Meinung
Intro
Auf „Fritz und Emma“ bin ich im Herbst letzten Jahres in der Blogger-Community auf Instagram aufmerksam geworden. Mich faszinierte das Cover und der Klappentext von Anbeginn. Da ich aber zuvor noch nie etwas von der Autorin gehört hatte, zögerte ich eine Zeit lang mit dem Kauf des Buches. Doch mir gingen „Fritz und Emma“ nicht mehr aus dem Kopf. Ich wurde immer neugieriger auf ihre Geschichte und die so viele Jahre überdauernde Liebe. Es sollte dann aber noch ein paar Wochen dauern, bis ich das Buch endlich in den Händen halten konnte, denn mehrere Versuche, das Buch spontan in den Auslagen der örtlichen Buchläden zu entdecken, blieben erfolglos. Schließlich habe ich es mir zwischen Weihnachten und Neujahr bestellt und noch am gleichen Tag der Lieferung in der ersten Januar-Woche aufgeschlagen. Mittlerweile war der Reiz nämlich so sehr angewachsen, dass ich es einfach nicht mehr abwarten konnte. Grundsätzlich mag das vielleicht nicht ganz so sinnvoll sein, da die Erwartungen dann sehr weit hochgeschraubt sind und somit das Risiko, dass ihnen die Handlung nicht standhalten kann, groß ist. In diesem Fall kann ich aber gleich vorwegnehmen, dass ich voll auf meine Kosten gekommen bin und sogar noch jetzt, sechs Monate später, ein warmes Bauchgefühl bei der Erinnerung an „Fritz und Emma“ bekomme.
Zur Handlung
Marie zieht mit ihrem Mann nach Oberkirchbach, einem kleinen Örtchen in der Pfalz. Während Jakob voll und ganz in seiner Tätigkeit als Pfarrer aufgeht und Tag und Nacht ein offenes Ohr für die Menschen der Gemeinde hat, hadert Marie mit ihrem neuen Leben. Sie versinkt in trübsinniger Langeweile und ist genervt von der Abgeschiedenheit, der alltäglichen Tristesse und den Eigenwilligkeiten der Dorfbewohner.
Während sie mit Jakob eine Frist aushandelt und alles auf eine Rückkehr in die „Zivilisation“ setzt, beschließt sie, die begrenzte Zeit vor Ort zu nutzen. Sie taucht tiefer in das dörfliche Alltagsleben ein und lernt ihre Mitmenschen näher kennen. Unter ihnen ist auch der mürrische und wortkarge alte Fritz und die auf den Tag genauso alte Emma. Beide leben am jeweils entgegengesetzten Ende des Dorfes und haben seit Jahrzehnten kein Wort mehr miteinander gewechselt. Dabei waren sie einst die große Liebe füreinander und hätten sich so viel zu sagen. Doch die traumatischen Erlebnisse während des zweiten Weltkriegs haben Fritz verändert. Er ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Dagegen ist auch die größte Liebe der Welt machtlos und ein schwerer Schicksalsschlag entzweit die beiden endgültig. Marie möchte mehr darüber erfahren und lässt sich in die Vergangenheit entführen.
Die Figuren
Marie wirkte anfangs etwas unnahbar, kühl und leicht egoistisch auf mich, was sie mir nicht so sympathisch machte. Doch mit der Zeit, in der sie sich den Bewohnern zuwandte, ihren Erzählungen lauschte und sich für ihre Wünsche und Bedürfnisse öffnete, zeigte sich eine so ganz andere Marie, die mein Herz schließlich doch erobern konnte.
Jakob hingegen mochte ich mit seiner stets loyalen, liebevollen und aufopfernden Art sofort und es war schön zu sehen, wie er sich seinen festen Platz als Pfarrer der Gemeinde erarbeiten konnte und daran reifte. Emma und Fritz haben mir mein Herz gestohlen! Schon bei meinen ersten Begegnungen mit den beiden sind sie mir unter die Haut gekrochen.
Emma hat eine so liebevolle Aura, die mich gleich umarmte. Ihre Form der Kommunikation und die Art, wie sie bestimmte Dinge tut, diese feinen Eigenheiten, die einem im Alter nach einem langen und prägenden Leben anhaften wie stärkster Sekundenkleber, sind so authentisch und berührend, dass ich gar nicht umhin konnte, als mich in ihre Umarmung zu kuscheln. Tja, und Fritz hat mich mit seinem widerborstigen Wesen so gar nicht abschrecken können. Ich liebte ihn sofort! Irgendwie spürte ich hinter jedem unfreundlichen Brumm-Wort sein übergroßes Herz und ahnte, dass sich ein ganz anderer Charakter hinter dieser so sorgsam aufrechterhaltenden Fassade verstecken würde. Trotzdem war ich im Verlauf der Geschichte überrascht, wie anders und großartig und talentiert Fritz schlussendlich wirklich ist.
Sämtliche Nebenfiguren ergeben ein rundes und so liebevoll gezeichnetes Bild einer Dorfgemeinschaft, bei der man als LeserIn sofort dazugehören möchte. Es fühlt sich heimelig und warm und nach einem Zuhause an.
Der Schreibstil
Barbara Leciejewski hat einen leicht zu lesenden und flüssigen Schreibstil. Es ist ihr überaus gut gelungen, die beiden Zeitstränge miteinander zu verknüpfen und zu keiner Zeit tauchten Stolpersteine im Lesefluss auf.
Das Setting hat mir richtig gut gefallen. Es war bildhaft gezeichnet und ich konnte mich in den Dorfstraßen umherwandern sehen. Ich fühlte mich in jedem Heim der Bewohner willkommen und liebte jeden auf seine, wenn auch manchmal etwas eigentümlich anmutende Weise.
Die Handlung ist schlüssig, gut konstruiert und durchweg mit einem für dieses Genre zu erwartenden und mit Voranschreiten der Geschichte anwachsenden Spannungslevel ausgestattet.
Doch bietet die Zeichnung der Leben dieser beiden Liebenden noch so viel mehr! Wer sein Herz für Fritz und Emma zu öffnen vermag, der findet eine erschütternde, traurige und tiefgründige Geschichte über eine große Liebe, die voller Dramatik und verpasster Chancen steckt. Der Autorin schaffte es, mich letztlich sehr nachdenklich zu machen und ob der vielen vergeudeten Jahre sogar ein Stück weit betrübt zurückzulassen.
Fazit
„Fritz und Emma“ ist ein wundervolles Buch, das seine wahren, herzerwärmenden und tiefsinnigen Geheimnisse erst nach und nach entblättert.
Wo man zu Beginn des Buches zwei verfeindeten alten Menschen inmitten einer trostlosen und wortkargen Umgebung begegnet, die sich nach siebzig langen Jahren vermeintlich noch immer nichts zu sagen haben, findet man am Ende eine intensive, Jahrzehnte überdauernde große Liebe und ist Teil einer Dorfgemeinschaft sein, von der man sich nach der letzten gelesenen Seite nur ungern verabschiedet.
Man muss es nur zulassen und sein Herz öffnen.
Ganz weit.
Für Fritz und Emma.
Und für ihre Geschichte.
Erklärungen zu den Bewertungen findet Ihr hier.
- Autor: Barbara Leciejewski
- Titel: Fritz und Emma
- Datum der Veröffentlichung: 15.03.2021
- Genre: Belletristik
- Verlag: Ullstein Paperback
- ISBN des Prints: 978-3864931482
- Seitenzahl des Prints: 400
- Dateigröße des eBooks: 3826 KB
- Gelesenes Format: Print
- Rezensionsexemplar: nein
- Autorenwebsite
- Verlagswebsite
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