„Das Loft“ war eine Empfehlung meines ortsansässigen Stamm-Buchhändlers an meiner geliebten Ostseeküste. Konnte mich mein erster Leseausflug in eines der Bücher von Linus Geschke überzeugen?
Klappentext
Drei sind einer zu viel.
Ein schickes Loft in Hamburg. Ein Paar Anfang dreißig, Sarah und Marc, und ihr Mitbewohner Henning, Marcs bester Freund. Drei Jahre lang sind sie aufs Engste verbunden, teilen ihre Träume und Sehnsüchte. So scheint es zumindest. Dann aber wird Henning grausam ermordet, und sämtliche Spuren deuten auf Sarah und Marc. Hat sie ihn getötet, war er es? Haben sie es gemeinsam getan? Und was hat ihre einst so große Liebe von einen Tag auf den anderen zerrissen? Bei den Vernehmungen erzählt jeder seine eigene Geschichte, aber nur eine ist wahr. Wenn überhaupt…
Über den Autor
Linus Geschke wurde 1970 geboren und lebt in Köln. Er arbeitet als freier Autor und Journalist. Er hat für führende deutsche Magazine und Tageszeitungen, darunter SPIEGEL Online und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, gearbeitet.
Mit seinem Thrillerdebüt „Die Lichtung“, welches 2014 erschien und Band 1 der Jan Römer-Reihe ist, gelangte Linus Geschke aus dem Stand auf die Bestsellerliste. Die Serie wurde für die ARD verfilmt.
Weitere bekannte Werke des Autors sind die Alexander Born-Reihe mit „Tannenstein“, Finsterthal“ und „Engelsgrund“ und die 4-teilige Serie „Die Akte Zodiak“.
Meine Meinung
Intro
Natürlich ist mir der Name Linus Geschke längst ein Begriff. Ich bin ihm nicht nur schon häufig in den Auslagen der Buchhändler begegnet, sondern zwei seiner Bücher verstecken sich seit geraumer Zeit sogar in meinem SuB. Bisher haben sich „Tannenstein“ und „Finsterthal“ aber noch nicht so lautstark beschwert, so dass sie derzeit noch dort verweilen.
Nun ergab es sich während meines Urlaubs aber, dass sich bei mir eine vermehrte Lust auf Spannungslektüre breitmachte, und, wie sollte es auch anders sein, mein von zu Hause mitgebrachter Stapel den erhöhten Genre-Bedarf nicht decken konnte. Also suchte ich meinen ortsansässigen Lieblingsbuchhändler auf und ließ mich von ihm während einer guten Unterhaltung für „Das Loft“ begeistern.
Nennenswert hierbei ist, dass dieses Buch der erste Einzelband des Autors ist, was mir hier im Urlaub sehr gelegen kam und Teil der Kaufentscheidung war. Da ich noch keines seiner Werke kannte, konnte ich so den Autor näher kennenlernen ohne eine Reihe zu beginnen, die bei Gefallen mehr „Urlaubs-Kauf-Schlepperei-Stress“ bedeuten würde.
Zur Handlung
Sarah und Mark sind unsterblich ineinander verliebt. Deshalb beschließen die Beiden, dass Sarah aus dem Taunus zu Mark nach Hamburg zieht und sie gemeinsam mit seinem besten Freund Henning in ein luxuriöses Loft ziehen. Drei Jahre geht das gut, bis Hennig eines Nachts grausam ermordet wird. Wie konnte es dazu kommen? Und wer ist für dieses Verbrechen verantwortlich? Sarah und Mark machen es den Kommissaren Bianca Rakow und Peter Höger nicht leicht. Alles, worauf die Ermittler stoßen, sind entweder erbittertes Schweigen oder Lügen und Schuldzuweisungen. Doch die Wahrheit kommt immer ans Licht. Es ist nur eine Frage der Zeit. Und der dazu nötigen Mittel…
Die Figuren
Die drei Hauptfiguren sind lebendig geschildert, allerdings fiel es mir schwer Sympathien für sie aufzubauen.
Alle drei sind Egoisten, wenn auch in unterschiedlichen Abstufungen. Sie sind nur auf sich und die Erhaltung ihres Lebensstils bezogen, ohne an mögliche Folgen für andere zu denken.
Sarah ist Ende Zwanzig, als sie Mark kennenlernt und selbst drei Jahre später wirkt sie noch immer so unbeholfen wie ein Kind. Sie scheint gar nicht mit beiden Beinen im Leben zu stehen oder gar eine eigene Meinung zu haben. Sie ist schön und sexy, das scheint zu reichen. Und solange sie Luxusartikel und andere schöne Dinge umgeben, ist ihr eigentlich schnuppe, woher das Geld dafür kommt.
Henning stellt für mich von Beginn an den absoluten Antagonisten dar. Sein ganzes Denken und Handeln strahlt Arroganz und Feindseligkeit aus. Alles an ihm ist mit klebriger Negativität behaftet, die sich zäh wie Kaugummi in meinem Gehirn festsetzte. Er ist jähzornig, impulsiv und übergriffig und gewalttätig. Hennig ist Fußvolk und Gesicht des fragwürdigen Geschäfts.
Mark ist mir aus der Dreierkonstellation noch der sympathischste Charakter, wenn man das überhaupt so nennen kann. Seine Liebe zu Sarah wirkt echt und aufrichtig, wenn auch in einem äußerst ungesunden Maß. Er scheint zwar von allen noch den meisten Anstand zu besitzen, macht sich als Kopf des Arrangements aber auch ungern die Hände schmutzig und bleibt immer schön in Deckung.
Die Kommissare Peter Höger und seine neue Vorgesetzte Bianca Rakow sind davon überzeugt, in ihren Vernehmungen zu einem der beiden Mitbewohner des Opfers durchzudringen und endlich die Nuss zu knacken, um an die eigentlichen Informationen zu gelangen, welche für das Lösen des Falles nötig sind. Ihren Ehrgeiz nehme ich ihnen ab und auch ihr ermittlerisches Gespür, allerdings wirken ihre eigentlichen Charaktere recht blass und nur leicht angerissen. Das schmälert ihre nötige Präsenz, sind sie doch an der Lösung des Falles als Ermittler maßgeblich beteiligt.
Der Schreibstil
Der Schreibstil von Linus Geschke gefiel gut. Er ist flüssig, klar und leicht zu lesen.
Die Handlung gliedert sich in drei Handlungsstränge. Der/die LeserIn begleitet abwechselnd Sarah, Mark und die den Todesfall untersuchenden Beamten. Zusätzlich werden parallel zu den gegenwärtigen Ermittlungen Rückblicke eingeblendet, um die Handlung aus der Vergangenheit heraus bis in die Gegenwart zu schildern. Ich konnte den sich wiederholenden Perspektivenwechseln und Zeitenverschiebungen stets gut folgen.
Auch wenn der Aufbau aus unterschiedlichen Sichtweisen und Zeitformen dafür sorgen soll, dass sich die Spannung von der Gründung der WG bis zum Fiasko hin aufbauen und im Finale mit der Enttarnung des Täters und Offenbarung seiner Motive ihren Höhepunkt finden soll, blieb diese aus meiner Sicht unter dem für einen Thriller erwarteten Level. Ja, sie war während der gesamten Handlung irgendwie da, zog aber zu schleichend und kontinuierlich an. Sie plätscherte eher wie ein kleines Bächlein dahin als zu einem reißenden Strom zu werden. Ein Gewässer mit steilerer Abfahrt sorgt für eine Temposteigerung und wenn dann noch Stromschnellen in Form von eingebauten unvorhersehbaren Wendungen hinzukommen, dann bekommt man mehr Dramatik und schüttet Adrenalin aus. Es müssen gar nicht blutige Aktion und rasante Verfolgungsjagden sein, und das sollte bei einem psychologischen Thriller auch nicht erwartet werden, aber die Psyche besitzt eine unglaublich starke, nicht zu unterschätzende Kraft und ist in der Lage absolut vernichtend zu sein. So wie ein reißender Strom, der dich in einem Boot hin und herwirft oder manchmal sogar samt Kahn um die eigene Achse dreht, sodass Du die richtige Richtung nicht mehr erkennen kannst. Wenn Du nicht aufpasst, stets achtsam bist und gut ausbalancierst, wird Du kentern und von den unsichtbaren und gefährlichen Strömungen mitgerissen. Genau das ist es, was ich vermisst habe.
In der Gesamthandlung habe ich ein paar trickreiche Wendungen vermisst, die mich auf Irrwege und in Sackgassen führen würden. Zielgerichtet und stetig im Gleichgewicht schipperte das Boot mit den drei Figuren auf den „Lösungshafen“ zu und selbst das Finale hat mich nur mit einer kleinen Brandungswelle überspülen können. Letztlich war mir die Lösung auf der einen Seite zu einfach gehalten und zu rasch abgehandelt, was bei mir Restfragen offen ließ, und andererseits auch etwas zu unglaubwürdig.
Das Setting ist detailliert gezeichnet, sodass sich die Szenen gut vor dem geistigen Auge aufbauen.
Fazit
„Das Loft“ ist ein solider, kurzweiliger Krimi ohne große Böen und Schieflagen, der mich zwar durchaus unterhalten hat, aber als psychologischer Thriller nicht so ganz überzeugen konnte.
Die Protagonisten Sarah und Mark haben sich jeweils ihre eigenen Rechtfertigungen schöngeredet und sich alles so hingebogen, wie es ihnen zuträglich ist, aber ein psychologisches Katz- und Mausspiel oder Verwirrungs-PingPong war es für mich nicht.
Linus Geschke würde ich hier eine gute Grundidee zusprechen, es hätte ihrer Ausschmückung aber durchaus noch etwas Wellengang und eine peitschende Gicht im Gesicht des/der Lesenden gut getan, um die Figuren auf dem schwankenden Kahn durcheinanderzuwirbeln und die vorausschauende Sicht zu vereiteln.
Erklärungen zu den Bewertungen findet Ihr hier.
- Autor: Linus Geschke
- Titel: Das Loft
- Datum der Veröffentlichung: 24.02.2022
- Genre: Thriller
- Verlag: Piper
- ISBN des Prints: 978-3492062503
- Seitenzahl des Prints: 352
- Dateigröße des eBooks: 4023 KB
- Gelesenes Format: Print/Taschenbuch
- Rezensionsexemplar: Nein
- Verlagswebsite
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