Wochenlang ist mir das Cover in den Medien begegnet. Und auch wenn mich der Klappentext jetzt nicht sofort in den Bann gezogen hat, so reichten dennoch die epochale Zuordnung und die geographische Angabe aus, um mich dazu zu bringen, mir „Das Erbe der Padora Blake“ zuzulegen.
Klappentext
Die junge Pandora Blake kämpft für ihren Traum – und kommt einer düsteren Wahrheit auf die Spur
London, 1799. Die zwanzigjährige Pandora „Dora“ Blake lebt bei ihrem Onkel Hezekiah, der das einst glanzvolle Antiquitätengeschäft ihrer verstorbenen Eltern führt. Sie träumt von einer Zukunft als Goldschmiedin, um der Enge ihrer Welt und ihrem lieblosen Onkel zu entkommen. Als Dora eine geheimnisvolle griechische Vase im Keller des Geschäfts entdeckt, wird sie neugierig. Gemeinsam mit dem jungen Buchbinder Edward versucht sie, mehr über diese Vase herauszufinden. Doch ihre Nachforschungen lassen Dora alles, was sie über ihre Familie weiß, hinterfragen. Und die Geheimnisse, die sie und Edward enthüllen, bringen die beiden näher zusammen, aber auch in Gefahr…
Über die Autorin
Susan Stokes-Chapman wurde 1985 geboren und wuchs in England in der historischen georgianischen Stadt Lichfield auf. Schon als Kind verlor sie sich oft in einem Buch und wurde von den Lehrern dabei erwischt, wie sie aus dem Fenster schaute und träumte. Später zog sie für vier Jahre in die Küstenstadt Aberystwyth, wo sie einen BA in Pädagogik und englischer Literatur sowie einen MA in kreativem Schreiben abschloss.
Ihr Debüt-Roman „Das Erbe der Pandora Blake“ stieg direkt nach Erscheinen auf Platz 1 der Sunday Times Bestsellerliste ein und wurde in 16 Sprachen übersetzt.
Die Autorin lebt mit ihren drei British-Kurzhaar-Katzen namens Byron, Brontë und Dinah im Nordwesten von Wales.
Meine Meinung
Intro
Das georgianische London hat es mir einfach angetan! Ich liebe die gesamte Atmosphäre dieser Zeit: das vom vielen Regen glänzende Kopfsteinpflaster; die sich die Wege entlangschlengelnden Rinnsale; die engen und düsteren Gassen; die mit allerlei Transportgut befüllten und über das Pflaster rumpelnden schweren Holzkarren; die an den Passanten vorbeipreschenden Pferdekutschen; die prasselnden Kaminfeuer und Kerzen in den Fenstern; – um nur einige zu nennen.
Da ist es dann also gar nicht verwunderlich, dass ich mir „Das Erbe der Pandora Blake“ unbedingt zulegen musste, denn es versprach, mich genau dorthin zu entführen. Als ich es dann bei einer kurzen Stipvisite im Buchladen in der Auslage entdeckte, musste ich es einfach mitnehmen. Susan Stokes-Chapmans Debüt hat es gar nicht erst auf meinen SuB geschafft, denn kaum Zuhause angekommen, musste ich meine Reise ins alte London sofort antreten.
Zur Handlung
Dora lebt mit ihrem lieblosen Onkel Hezekiah und der garstigen Haushälterin Lottie in ihrem ehemaligen Elternhaus, das auch gleichzeitig als antiquarisches Geschäft fungiert, wobei beides unter zu wenig Pflege und Fürsorge zunehmend verkommt. In ihrer zugigen und ungemütlichen Dachkammer träumt sie von einer Zukunft als Goldschmiedin und bastelt dafür filigrane Kunstwerke, welche sie dann zeichnerisch zu Papier bringt. Die von ihr aufgepäppelte Elster namens Hermes leistet ihr dabei treue Gesellschaft. Als ihr Onkel eines Tages eine geheimnisvolle große Lieferung bekommt und sich mit dieser ständig im Keller verschanzt, wird Dora neugierig. Um das Rätsel um diesen Gegenstand zu lüften, weiht sie den Buchbinder Edward Lawrence ein, dessen Leidenschaft die Erforschung antiker Gegenstände ist. Doch die Suche nach Antworten wirft immer neue Fragen auf und bringt beide letztlich in tödliche Gefahr.
Die Figuren
Die Charaktere wurden sehr schön bildhaft und lebendig gezeichnet, und sie agieren absolut authentisch. Ich konnte ihre Beweggründe gut nachvollziehen und jeder ihrer Handlungen stets folgen.
Dora ist eine intelligente und talentierte junge Frau, die schon so einiges in ihrem Leben erlebt hat. Vielleicht ist sie gerade deshalb so ehrgeizig, lässt sich nicht entmutigen und hält an ihren Träumen und Zielen fest.
Edward steht ihr an Intellekt in nichts nach, dennoch gerät er bisweilen ins Straucheln. Er hadert mich sich selbst und seiner Vergangenheit, die er noch längst nicht verarbeitet hat, und zweifelt an seinen Fähigkeiten.
Hezekiah ist ein wahrlich unangenehmer Zeitgenosse, der seine ganz eigenen egoistischen und gierigen Pläne im Kopf hat und sowohl seine Nichte Dora als auch Haushälterin Lotti nur für seine Zwecke zu nutzen weiß.
Den Nebenfiguren hat die Autorin genau die richtige Dosis Aufmerksamkeit gewidmet, die sie benötigen, um ihren jeweiligen Platz in der Geschichte mit Leben zu füllen und in ein rundes Ganzes zu verwandeln.
Der Schreibstil
Susan Stokes-Chapman hat einen flüssigen und leicht verständlichen Schreibstil mit einem Hauch Poetik. Ich mag die Art, wie sie ihre Worte zu Papier bringt, sehr. Es wirkt gehoben, ohne zu gestelzt zu sein. Die Geschichte ist durchweg spannend und zu keiner Zeit in irgendeiner Form ermüdend geschrieben.
Die Umsetzung der Verknüpfung der Mythen um die „Büchse der Pandora“ aus der griechischen Antike mit dem Leben im 18. Jahrhundert ist der Autorin aus meiner Sicht gut gelungen. Interessant und wohldosiert wird die mythologische Thematik erzählt, ohne trocken oder langweilig zu wirken.
Die Handlung ist gut verständlich, endet final aus meiner Sicht aber nicht ganz rund, denn es bleiben ein paar Fragen offen hinsichtlich des Verbleibs einzelner Nebencharaktere oder der Antiquität selbst. Hier hätte ich mir einen kleinen Epilog gewünscht, um die Geschichte richtig abschließen zu können.
Das Setting des georgianischen Londons und die eingebetteten Rückblenden nach Griechenland sind sehr schön bildhaft und lebendig gezeichnet.
Atmosphärisch dicht hat Susan Stokes-Chapman das Leben in London am Ende des 18. Jahrhunderts heraufbeschworen, die Klassenunterschiede und ihre so verschiedenen Lebensweisen aufgezeigt und sogar Gerüche dermaßen detailliert beschrieben, dass ich glaubte, sie wirklich in der Nase zu haben, ganz so, als hätten sich diese beim Lesen materialisiert. Ja, ich kann definitiv sagen, ich habe mich wunderbar in mein liebstes Lesezeitalter versetzt gefühlt und die Atmosphäre sehr genossen.
Fazit
„Das Erbe der Pandora Blake“ ist ein unglaublich gut gelungenes Debüt mit einer ausgereiften, leicht anspruchsvollen Sprache und einer sehr unterhaltsam umgesetzten mythologischen Thematik. Susan Stokes-Chapman beschwört mit ihrer gelungenen Erschaffung von charakterlicher und bildhafter Lebendigkeit die Atmosphäre einer vergangenen Epoche herauf und bereitet somit jeder/m LiebhaberIn des 18. Jahrhundert ein wirklich tolles Lesevergnügen.
Erklärungen zu den Bewertungen findet Ihr hier.
- Susan Stokes-Chapman
- Das Erbe der Pandora Blake
- Datum der Veröffentlichung: 16.11.2023
- Genre: Roman
- Verlag: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- ISBN des Prints: 978-3423283496
- Seitenzahl des Prints: 448
- Dateigröße des eBooks: 2939 KB
- Gelesenes Format: Print
- Rezensionsexemplar: Nein
- Autoren-Website
- Verlags-Website
Schreibe einen Kommentar